Tee Grundwissen – Die vielen Gesichter der Camellia sinensis

Das Wort Tee wird in vielen Sprachen sehr unspezifisch verwendet und bezeichnet oft – zumindest in der deutschen Sprache – so gut wie jedes Getränk, das durch das Aufbrühen von Pflanzenbestandteilen mit heißem Wasser entsteht. Dazu gehören Früchtetees, Kräuter- und Gewürztees und auch schwarzer und grüner Tee.  Die beiden letzeren werden aus der Teepflanze Camellia sinensis gewonnen. Oft werden Produkte aus dieser Pflanze als echter Tee bezeichnet, um sie deutlich von allen anderen Aufbrühgetränken zu unterscheiden.

two freshly picked tea leaves
Frisch gepflückte Blätter von Camellia sinensis

Die Teepflanze Camellia sinensis stammt ursprünglich aus dem subtropischen Raum Süd- und Südostasiens – genauer aus dem Grenzgebiet zwischen dem heutigen Nordostindien, Myanmar, Laos, Nordvietnam und der chinesischen Provinz Yunnan. In diesen Regionen wachsen auch heute noch wilde und halbwilde Teebäume, einige davon mehrere hundert Jahre alt.

Camellia sinensis existiert in zwei Hauptvarianten:

var. sinensis: eher kleinblättrig, kältebeständig, verbreitet in China, Japan und Taiwan.
var. assamica: großblättrig, wärmeliebend, wächst vor allem in Indien, Laos, Nordvietnam und Südchina – hier findet man auch viele der wild wachsenden Ur-Teebäume.

Echter Tee beinhaltet nicht nur schwarzen und grünen Tee – diese beiden sind lediglich die im Westen bekanntesten Varianten. Tatsächlich lassen sich aus der Teepflanze sechs Hauptarten von Tee herstellen, die sich in Verarbeitung, Geschmack und Wirkung stark unterscheiden.

Weißer Tee
Weißer Tee ist die am wenigsten verarbeitete Teeart. Die zarten Knospen und jungen Blätter werden nach dem Pflücken lediglich gewelkt und getrocknet. Weißer Tee schmeckt oft sanft, floral und subtil süß – er wird auch als Champagner unter den Tees bezeichnet. Auch sein meist hoher Preis spiegelt das wieder. Weißer Tee ist besonders reich an Antioxidantien (vor allem Catechinen).

Grüner Tee
Sobald die Zellstruktur der Teeblätter nach dem Pflücken mechanisch beschädigt wird, beginnen die austretenden Pflanzensäfte durch den Kontakt mit Sauerstoff zu oxidieren. Beim grünen Tee wird diese Oxidation durch kurzes Erhitzen der Blätter komplett verhindert – meist entweder durch Dämpfen (typisch in Japan) oder durch Rösten in der Pfanne (typisch in China). So bleibt die grüne Farbe erhalten, ebenso wie die für Grüntee typischen grasig frischen oder nussigen Aromen.

Gelber Tee
Eine sehr seltene Teeart. Der Herstellungsprozess ähnelt dem des grünen Tees, wird jedoch um eine Phase des „Schwitzens“ ergänzt, in der die Blätter leicht fermentieren. Dadurch erhält gelber Tee einen sehr milden, runden Geschmack mit weichen Fruchtnoten und er ist für Menschen mit empfindlichem Magen oft bekömmlicher als Grüntee.

Oolong-Tee
Wird die Oxidation der Teeblätter bewusst zugelassen, entsteht Oolong – teiloxidierter Tee. Die Bandbreite ist riesig: von leicht blumig bis hin zu tief geröstet und komplex. Oolong-Tees zeichnen sich oft durch ein vielschichtiges Aromenspiel aus und sind unter Teekennern sehr beliebt.

Schwarzer Tee
Beim Schwarztee werden die Blätter vollständig oxidiert. Das Ergebnis ist ein kräftigerer Tee, dessen Tassenfarbe von Goldtönen über dunkelbraun bis hin zu tiefem Rot reichen kann. In Ostasien wird er deshalb als roter Tee bezeichnet. Auch Schwarztee umfasst ein breites Spektrum an Aromen, von zart blumig bis kräftig malzig ist alles dabei.

Dunkler Tee
Diese Tees unterliegen einer Nachfermentation – also einer langsamen Reifung durch mikrobielle Prozesse über Monate oder Jahre hinweg. Der bekannteste Vertreter ist Pu-Erh aus der chinesischen Provinz Yunnan. Dunkle Tees entwickeln oft erdige, tiefgründige Aromen – ihr Geschmacksprofil ist je nach Verarbeitung und Reifegrad komplex und äußerst vielfältig.

six tea samples, one of each tea: white, green, yellow, Oolong, black and dark
Beispiele für jede der sechs Teearten


Die gesundheitlichen Vorteile von Grüntee sind mittlerweile unbestritten und werden auch dementsprechend vermarktet, was den Eindruck erwecken kann, dass andere Teearten in dieser Beziehung minderwertig sind. Das ist allerdings keineswegs der Fall – auch weißer, gelber, Oolong, schwarzer und fermentierter Tee haben zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Welche Teeart für eine Person am besten geeignet ist hängt stark von der individuellen Konstitution, der Jahreszeit und dem momentanen Bedürfnis ab. Die Wahl des Tees ist letztlich eine Frage der feinen Wahrnehmung – eine Einladung, auf den eigenen Körper (und Geist!) zu hören und sich mit der Weisheit der Natur zu verbinden.
 
Fazit

Was wir als „Tee“ bezeichnen, ist nur ein kleiner Ausschnitt der faszinierenden Vielfalt, die aus einer einzigen Pflanze gewonnen werden kann. Echter Tee – also Tee aus Camellia sinensis – ist kein homogenes Produkt, sondern ein ganzes Universum aus Natur, Kultur und Handwerk.

Wir als Teekonsumenten sind außerdem eingeladen, über die rein technische Unterscheidung von Teesorten hinauszublicken und uns bewusst zu machen, welche nuancenreiche Welt sich in jeder Tasse offenbart. Tee ist nicht nur ein Aufguss, sondern Ausdruck von Klima, Erde, Handwerk und Herz. Jede Sorte trägt eine eigene Stimmung, einen eigenen Rhythmus in sich – und lädt uns ein, nicht nur zu trinken, sondern bewusst zu empfinden. Ob weiß, grün, gelb, Oolong, schwarz oder gereift – das Geschenk des Tees verlangt unsere tiefe Bewunderung und Dankbarkeit.





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